08.06.2022

Wenn Kosenamen zu Beschimpfungen werden

Duett statt Duell (Teil 3)

Die Frage ist nur, wie wir damit umgehen. Wut und Ärger zu überspielen oder gar zu verleugnen, sie immer weiter in sich hineinzufressen ist in jedem Fall keine dauerhafte Lösung, auch wenn ein solches Verhalten vordergründig dem Frieden dienen mag, so funktioniert es dennoch nicht. Aber auch wenn Menschen ihrer Wut freien Lauf lassen, ist das keine Lösung. In all diesen Fällen kommt es zu einer Zerstörung der Harmonie. Bei Menschen, die negative Gefühle generell nur mit sich selbst ausmachen, kann das sogar zu körperlichen Beschwerden wie Bluthochdruck oder Magengeschwüren führen.

Es geht bei der Vermeidung von Konflikten nicht darum, Probleme und Verletzungen einfach stillschweigend hinzunehmen, vielmehr sollten sie in einem gesunden Rahmen angesprochen und aus der Welt geschafft werden. In der aktuellen Ausgabe des Thema-des-Monats-Podcasts von ERF Medien Südtirol verweist der Psychotherapeut und Buchautor Reinhold Ruthe auf die amerikanische Autorin Sue Burnham, die schreibt: „Wut ist wie ein Streichholz. Wenn ich ein Streichholz anzünde, gibt es eine Flamme. Ich kann diese Flamme benutzen, um eine Kerze anzuzünden, aber ich kann mit der Flamme auch eine Stange Dynamit anzünden und alles vernichten und zerstören.“ Wir müssen also lernen, die Energie der Wut konstruktiv im zwischenmenschlichen Leben einzusetzen.

Ein Beispiel, wo wir Zorn und Wut in unseren Beziehungen auf eine falsche, schädigende Art und Weise Ausdruck verleihen, ist unsere Wortwahl. Statt der zu Beginn einer Beziehung häufig verwendeten Kosenamen, verwenden wir in Konfliktsituationen häufig Beschimpfungen – unsere Wortwahl wird gehässiger und beleidigend. Schimpfwörter, die wir anderen im Eifer des Gefechts an den Kopf werfen, mögen uns vielleicht wie eine Kleinigkeit erscheinen, dennoch können sie einen anderen mitunter sehr verletzen. Wir wissen, dass Jesus diese Ausdrucksweisen sehr scharf verurteilt. In Matthäus 5,22 lesen wir z. B.: „Wer einer zu seinem Bruder sagt: ‚Du Dummkopf‘, der gehört vor den Hohen Rat. Und wer zu ihm sagt: ‚Du Idiot‘, der gehört ins Feuer der Hölle.“ Zorn und Wut schaden also nicht nur unseren Beziehungen, sondern stellen auch eine Sünde gegenüber Gott dar.

Wer die Energie der Wut positiv nutzen will, muss zuerst hinterfragen, welche Gedanken oder Verhaltensmuster unserem Zorn zugrunde liegen. Das kann zum Beispiel unser Wunsch sein, alles bestimmen und entscheiden zu wollen. Vielleicht werden wir auch dann aggressiv, wenn unsere Wünsche und Erwartungen von unserem Partner nicht erfüllt werden. Manch einer wird wütend, wenn er dem eigenen Anspruch nicht genügen kann. Es geht aber immer darum, dass wir den Mechanismus, der hinter unserer Wut steckt, erkennen und gegen sie vorgehen. Nur so können unsere Beziehungen reifen und heilen.

Es ist sehr wichtig, so erklärt Reinhold Ruthe, dass wir die immense Bedeutung, die ein Streit haben kann, erkennen und uns auch immer wieder versöhnen. Denn wie die Nabelschnur Mutter und Kind miteinander verbindet, so brauchen auch unsere Beziehungen diese Verbindung. Ein Kleinkind erhält durch diese Schnur Nahrung und Sauerstoff. So wird durch die Versöhnung zweier Menschen die unterbrochene Verbindung wieder hergestellt. Wo vorher Hass, Aggression und Streit waren, herrscht jetzt Leben und Frieden. Es geht bei der Versöhnung nicht darum, Fehler zuzudecken, sondern auszusprechen und sie­­ damit aus der Welt zu schaffen. Wenn wir als Christen Schuld gemeinsam vor Gott bringen, schenkt er uns die Kraft zu vergeben und allen Groll hinter uns zu lassen.

Näheres dazu hören Sie im Podcast. Es ist der dritte Teil unserer Reihe zum Thema „Duett statt Duell“ mit Reinhold Ruthe.

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