01.08.2019

Wie das Christentum die Welt veränderte

Dabei begann alles so harmlos und unscheinbar. Aber die Entwicklung, die einst von Jerusalem ausging, erfasste bald darauf Antiochien, Alexandrien und drang bis nach Rom, dem Machtzentrum der damaligen Welt, vor. Der römische Geschichtsschreiber Plinius der Jüngere (61114 n. Chr.), der selbst kein Christ war, berichtete Kaiser Trajan, dass die Christen sich durch einen feierlichen Eid dazu verpflichteten, Diebstahl, Raub, Ehebruch, Treulosigkeit und Unterschlagung anvertrauten Gutes zu meiden. Die Christen distanzierten sich auch radikal von den im Römischen Reich gängigen Sitten wie Abtreibung, Tötung oder Aussetzung von Kindern, Selbstmord, Homosexualität und Erniedrigung der Frauen.

Kaiser Tiberius (14–37 n. Chr.) schaute mit Vorliebe dabei zu, wie Gefolterte ins Meer geworfen wurden. Sein Nachfolger, Kaiser Caligula (37–41 n. Chr.) ließ alle, die in seinem Palast dienten, umbringen. Und Kaiser Claudius (41–44 n. Chr.) war ein begeisterter Liebhaber der Gladiatorenspiele. Christen der damaligen Zeit lehnten alle diese Praktiken ab und wurden deshalb drei Jahrhunderte lang verfolgt.

„Wer ein Warum zu leben hat, erträgt fast jedes Wie.“
Friedrich Nietzsche (18441900),
deutscher Philosoph und Dichter

Abtreibung und Kindstötung

Dieses Thema, das in unserer Zeit wieder so sehr an Bedeutung gewonnen hat, war für die Christen von damals schon allein deshalb verwerflich, weil der Mensch, wie wir es in der Bibel lesen, als Gottes Ebenbild erschaffen wurde. Die Christen lehnten Abtreibung und die Tötung von Neugeborenen, die in der antiken griechisch-römischen Gesellschaft erschreckend normal waren, radikal ab. Plötzlich durften sogar kranke, schwache oder missgebildete Säuglinge am Leben bleiben. Das war völlig neu, denn zur damaligen Zeit wurden sie zumeist einfach ertränkt oder mit noch brutaleren Tötungsarten „beseitigt“. Wie die historische Forschung zeigt, war die Kindstötung nicht nur im Römischen Reich sondern auch in Indien, China und Japan üblich, ebenso in Brasilien und auch bei den Inuits. Doch dann kamen die Christen – und plötzlich waren Kindstötung und Abtreibung Mord. Wer sich an den Richtlinien der Bibel orientiert, wird diese Haltung auch heute einnehmen.

„Das Geheimnis unserer Existenz ist größer, als wir es uns vorstellen können und lässt sich nur religiös beantworten.“
Sir John Carew Eccles (19031997),
britischer Physiologe, Nobelpreis 1963

Getötet oder ausgesetzt

Wo unerwünschte Neugeborene und Kleinkinder in der griechisch-römischen Welt nicht getötet wurden, pflegte man sie auszusetzen. Entweder vor heidnischen Tempeln, auf Marktplätzen oder sonst wo. Christen waren die ersten, die die ausgesetzten Kinder aufnahmen und adoptierten. Das alles war damals völlig neu und entsprach einem Geist, den man bisher nicht kannte, führte aber dazu, dass bereits im Jahr 374 n. Chr. Abtreibung, Kindstötung und das Aussetzen von Kindern von Kaiser Valentinian I. unter Strafe gestellt wurde. Was Christen begannen, setzte sich also trotz aller Widerstände durch und prägte fortan die Gesellschaften.

Spiele zur Unterhaltung für Kaiser und Volk

Die berühmt berüchtigten Gladiatorenspiele wurden in Rom 264 v. Chr. als Teil von Beerdi-gungsfeierlichkeiten für den Vater von Marcius und Decimus Brutus eingeführt. Die barbarische Grausamkeit, die Schreie der Verwundeten und Sterbenden, das in Strömen fließende Blut – all das erregte bei den Zuschauern nicht das geringste Mitgefühl. Ein Gladiator, der nicht bereit war zu sterben, erfüllte das Publikum mit Empörung und verlor den Ruhm, den er vielleicht hätte haben können. Christen verurteilten diese Spiele und boykottierten sie. Minucius Felix, ein christlicher Apologet im 2., evtl. auch im 3. Jahrhundert, zitiert in seinen Schriften einen römischen Heiden, der den Christen vorwarf: „Ihr besucht keine Spiele, nehmt an den Festzügen nicht teil ... und verabscheut die Spiele zu Ehren der Götter.“

Erst mit dem wachsenden Einfluss der Christen und ihrem Eintreten für die Schwachen und Unterdrückten begann auch hier ein Umdenken, bis Kaiser Honorius (348–423) diese „Spiele“ im Jahre 404 n. Chr. schließlich abschaffte.

Grausame heidnische Menschenopfer

Wir wissen, dass es in heidnischen Religionen bis heute nichts Ungewöhnliches ist, den Göttern Menschenopfer darzubringen. Die Bibel berichtet z. B. von dem kanaanitischen Baalskult des 9. Jahrhunderts v. Chr., wo Menschenopfer praktiziert wurden. In den Ruinen der antiken Stadt Megiddo entdeckten Archäologen die Überreste von Säuglingen und Kleinkindern, die unter der Herrschaft von König Ahab und Königin Isebel im Tempel der Aschera geopfert worden waren. Ähnliche Beispiele gibt es viele. Die Mayas in Mexiko opferten ihren Göttern Menschen. Iren opferten ihren Kriegsgöttern Kriegsgefangene und Neugeborene. Baltische und litauische Volksstämme opferten Menschen bis herauf ins 13. und 14. Jahrhundert. Christen stellten sich auch diesen heidnischen Bräuchen radikal in den Weg. Edward Ryan (1879–1956), schreibt: „Diese Menschen würden all dies heute noch tun, wenn das Christentum nicht zu ihnen gekommen wäre.“

Sexuelle Ausschweifungen

Aus der klassischen römischen Literatur geht hervor, dass die sexuellen Beziehungen zu der Zeit, als das Christentum nach Rom kam, vor allem durch Promiskuität und Unsittlichkeit gekennzeichnet waren. Der britische Historiker Edward Gibbon (1737–1794) berichtet davon, dass der Untergang der Sexualmoral nach dem Ende der Punischen Kriege 146 v. Chr. einsetzte, woraufhin eheliche Treue bis zum 2. Jahrhundert n. Chr. so gut wie ausgemerzt war. Ehebruch und Fremdgehen waren im Römischen Reich nicht nur gang und gäbe, sondern geradezu selbstverständlich. So schreibt der Historiker C. Schmidt (1868–1938): „Es gab nichts, dem sie [die Römer] sich nicht hingaben oder das sie für schändlich hielten.“

Christen wandten sich nicht nur gegen Ehebruch, Unzucht und pornographische Darstellungen, sondern auch gegen die weit verbreitete Praxis der Homosexualität und die damals praktizierten sexuellen Beziehungen zu älteren Kindern, was übrigens schon bei den Griechen üblich war. Alle diese Auswüchse wurden durch die Verbreitung des Christentums zurückgedrängt. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass diese Praktiken sofort wieder hervorbrachen, als der Einfluss des wahren Christentums zurückging, wie das in unserer Zeit inzwischen überall der Fall ist. Dass Christen, die auf der Grundlage biblischer Maßstäbe leben, von ihrer Umgebung verachtet, angegriffen und gehasst werden, war damals der Fall – und ist bis heute so geblieben.

Die Rolle der Frau

Einen ganz besonderen Einfluss übten Christen auch auf die Rolle der Frau aus. John Percy Vyvian Dacre Balsdon (1901–1977), ein ausgewiesener Experte für römische Geschichte, stellt fest, dass der Einfluss des Christentums in der römischen Welt den Status der christlichen Frau „tiefgreifend verändert hat“. Die Stellung der Frau, vor allem der Ehefrau, war im antiken Griechenland wie auch in Rom sehr niedrig. Ehefrauen durften nur mit einem vertrauenswürdigen männlichen Begleiter das Haus verlassen und neugeborene Mädchen wurden oftmals getötet oder ausgesetzt. Wer sich mit der Stellung der Frau in Indien oder in den arabischen Ländern befasst, bekommt eine Vorstellung, wie es um die Rechte der Frau in den Ländern bestellt war, in denen das Christentum kaum oder keinen Einfluss hatte.

„Nicht weil wir Würde haben, liebt uns Gott, sondern weil Gott uns liebt, haben wir Würde.“
Paul Althaus (18881966),
deutscher Theologe

Auch die extrem niedrige Stellung der Frau in der griechisch-römischen Welt erfuhr erst durch das Christentum eine radikale Veränderung. Christen verliehen den Frauen eine zuvor nie gekannte Würde, so dass ihre Gegner darüber bestürzt waren. Doch auch hier setzte sich durch, was die Christen in die Welt brachten. Diese Veränderung prägt die Stellung der Frau bis heute, bis in unsere Zeit herein.

Im Buch von Alvin J. Schmidt „Wie das Christentum die Welt veränderte“ werden viele weitere wichtige Errungenschaften angeführt, auf die das Christentum bedeutenden Einfluss hatte. Dazu zählen die Abschaffung der Kinderarbeit, der Aufbau von Krankenhäusern und der Gesundheitsfürsorge, das Bildungswesen, die Wissenschaft, die Bedeutung der Arbeit und die Abschaffung der Sklaverei. Wenn wir heute Mord, Folter, Krieg, Terror und viele andere Grausamkeiten als unethisch verurteilen, ist das zu einem guten Teil darauf zurückzuführen, dass wir mit einer christlichen Ethik aufgewachsen sind, für die das menschliche Leben heilig ist.

Heute müssen wir leider feststellen, wie alle diese epochalen Errungenschaften und Maßstäbe überall dort zu bröckeln beginnen, wo das Christentum seinen Einfluss verliert und zurückgedrängt wird. Das ist so bei Abtreibung ungeborenen Lebens und ebenso bei der Euthanasie. Es wirkt sich auch auf die Grundpfeiler der Gesellschaft wie Ehe und Familie aus. Deshalb ist Vorsicht geboten, wenn uns diese Dinge als besonders fortschrittlich angepriesen werden, während sie in Wirklichkeit einen großen Rückschritt in eine Zeit der Barbarei bedeuten, der letztlich zu unserem Schaden ist.

Wer sich eingehender mit diesem Thema befassen möchte, dem sei das Buch von Alvin J. Schmidt empfohlen: „Wie das Christentum die Welt veränderte“. Es ist im Resch-Verlag erschienen und in der Buchhandlung „Buchgalerie“, Meran, Lauben 315 erhältlich.

 

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