01.02.2018

Menschen, die uns Vorbilder sind

Wir leben in einer orientierungslosen Zeit, in der die verschiedensten Lebenskonzepte dicht nebeneinander stehen. Vielen Menschen fehlen verbindliche Maßstäbe. Im Grunde ist alles möglich. Was von vielen wiederum als der große Fortschritt bezeichnet wird. Aber ist es das auch wirklich? Ist es nicht vielmehr so, dass es in vielen Bereichen eher rückwärts als vorwärts geht? Wenn wir uns nur die kriegerischen Auseinandersetzungen oder die Auswüchse des Terrors der letzten Jahre anschauen; was uns da an barbarischen Grausamkeiten berichtet wird, ist manchmal so abstoßend, dass es abstoßender kaum noch geht. In den Medien allerdings wird uns davon berichtet, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt. Ist das ein Fortschritt? Wir leben heute in einer Welt, in der Christen weltweit verfolgt werden, wie nie zuvor, vor allem in den muslimisch regierten Ländern. Fast möchte man meinen, dass es die 2000 Jahre Geschichte der Christenheit gar nie gegeben hätte. Selbst in unseren Gesellschaften ist eine wachsende Juden- und Christenfeindlichkeit zu verzeichnen, die mit der wachsenden Anzahl arabischstämmiger Bevölkerung in unseren Ländern in den nächsten Jahren und Jahrzehnten sicher noch weiter zunehmen wird. Berichte über Messer- und Ehrenmorde gehören bereits zu den Meldungsblöcken der Nachrichten.
Verrohen die westlichen Gesellschaften nun? Es fehlen nicht nur die Konzepte im Umgang mit den neuen schrecklichen Bedrohungen, sondern auch die Vorbilder, die sich gegen die Verrohung der Gesellschaft stellen. Wo sind die Vorbilder für eine kultivierte und lebenswerte Form des Zusammenlebens, denen wiederum Tausende folgen? Dringen sie noch durch? Gibt es sie überhaupt noch? Kriegerische Auseinandersetzungen im arabischen Raum und importierter Terror haben vielleicht nicht viel mit unserer christlich-abendländischen Kultur zu tun, aber sie kommen über die Migrationsbewegung zu uns. „Ehren- und Messermorde“ ebenso. Oder wo hat es die fürchterliche Tradition der Beschneidung von Mädchen bei uns vorher gegeben? All diese barbarischen Traditionen hat es in unseren westlichen Ländern früher nicht gegeben. Inzwischen sind sie inmittten unserer Gesellschaft. Es sind die Folgen der Globalisierung und der damit verbundenen Migrantenbewegung. Höchste Zeit also, wieder Ausschau zu halten nach Vorbildern, die Werte und Lebenseinstellungen vertreten, die der voranschreitenden Verrohung der Gesellschaft wieder etwas entgegenzusetzen haben. Denn genau das sollte für jeden Christen eine selbstverständliche Aufgabe sein.

Vorbilder sind wichtig

Vorbild zu sein, bedeutet authentisch zu leben und auch offen und ehrlich mit seinen eigenen Schwächen und Fehlern umzugehen. Wer die Bibel aufschlägt, wird merken, dass christliches Leben fast immer über Vorbilder zustande kommt, nicht über Reglementierung, Instanzenwege oder Titel. Wie aber lässt es sich in einer Gesellschaft ohne moralische Maßstäbe, ohne allgemein gültiger Wertekultur und ohne Menschen, die danach leben, konkret verwirklichen? Schließlich wird es für Kinder und Jugendliche, wie auch für Erwachsene immer schwieriger, den Weg zu einem charaktervollen, ehrlichen und geradlinigen Leben zu finden. Menschen brauchen Vorbilder. Das ist nun mal so. „Role models“, d. h. ein Rollenmodell, an dem sie sich orientieren können. In früheren Zeiten war das noch sehr einfach, denn damals wurden Vorbilder einfach verordnet oder sogar aufgezwungen. Aber diese Zeiten sind längst vorbei. Heute sind es Begriffe wie Selbstmanagement, Attraktivität und Modernität, an denen wir uns orientieren. Trotzdem – auch die Menschen unserer Zeit sind auf Nachahmung angelegt, vielleicht sogar noch mehr als die Generationen vor uns. Der kanadische Psychologe Albrecht Bandura, einer der führenden Psychologen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, hat bereits in den 60er Jahren das sog. „Modell-Lernen“ beschrieben. Darin geht es vor allem um eine konzentrierte Aufmerksamkeit und die Fähigkeit, sich an das Gesehene zu erinnern. Das Gelernte kann so übernommen und anschließend selbständig wieder ausgeführt werden. Im Grunde das bekannte Muster, nach dem wir eigentlich alle ein ganzes Leben lang lernen – und das sehr oft völlig unbewusst. Das zeigt sich bereits in den ersten Lebensmonaten eines Kleinkindes, aber auch später; wo immer Kinder lernen; es geschieht fast immer nach diesem Muster. Wenn Kinder z. B. eine Sprache lernen, erlernen sie diese über die Nachahmung. So wie der berühmte bayerische Humorist Karl Valentin es einmal gesagt hat: „Sie brauchen Kinder nicht zu erziehen, sie machen einem sowieso alles nach.“

„An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen.“
Jesu Worte, BIBEL, Mt 7,16

Ein Vorbild zu sein, ist also schon allein deshalb wichtig, weil Nachahmung zum Verhaltenspotential des Menschen gehört. Natürlich ahmen wir nicht nur das Gute sondern auch das weniger Gute nach. Deshalb ist es ja auch so wichtig, dass wir immer daran denken, dass andere uns nachahmen werden. Wenn es z. B. Ihre Angewohnheit ist, als Fußgänger bei Rot über die Straße zu gehen, denken Sie daran, Sie werden gesehen und andere werden es Ihnen nachmachen. Wollen Sie das? Wenn nicht, erinnern Sie sich daran. Es lohnt sich, authentisch zu leben, korrekt, menschlich und einfühlsam zu bleiben, denn alles, was wir durch unser Verhalten vormachen, werden uns andere nachmachen. Wir könnten auch sagen, sie „spiegeln“ unser Verhalten.

Das Phänomen der Spiegelneuronen

Die Entdeckung der Spiegelneuronen geschah in den 90er-Jahren an der Universität Parma. Obwohl es eigentlich eine zufällige Entdeckung war, revolutionierte sie doch die Neurobiologie. Die Spiegelneuronen sind nämlich die Grundlage für Intuition und Empathie. Sie organisieren Handlungen und machen Gefühle bewusst. Spiegelneuronen sind Nervenzellen, die im Gehirn während der Betrachtung eines Vorgangs die gleichen Potenziale auslösen, wie sie entstünden, wenn dieser Vorgang nicht bloß passiv betrachtet, sondern aktiv gestaltet würde. Wie Antennen helfen Spiegelneuronen dem Gehirn dabei, sich mit der Umwelt auszutauschen. Das ist ein absolut phantastischer Vorgang.
Menschen sind so geschaffen, dass sie zu Einfühlungsvermögen fähig sind und diese Empathie auch anwenden können. Dadurch sind wir fähig, die Perspektive eines anderen einzunehmen und die Motive des anderen zu verstehen. Daran, wie jemand sich mir zuwendet, lerne ich, mich anderen zuzuwenden. Ganz deutlich lässt sich dies beobachten, wenn eine Mutter ihr Kind füttert. Sobald der Löffel am Mund des Kindes ist, öffnet die Mutter ihren Mund – und was macht das Kind? Richtig, auch das Kind öffnet den Mund und bekommt seine Nahrung. Wir kennen alle diese Situationen, in denen man intuitiv kommuniziert: Jemand lächelt – und man lächelt zurück. Oder wir sehen, wie ein Kind hinfällt – und es ist, als würden wir selbst den Schmerz erleben.

Jesu Vorbild folgen – andere anstecken

Genau das meint auch Jesus, wenn er sagt, dass wir seinem Beispiel folgen sollen. Es wird dazu führen, dass andere unserem Beispiel folgen. „Lebe wie ich!“, sagt Jesus. „Sei ein Vorbild!“, sagt Paulus. Denn: Menschen lernen durchs Hinschauen – ob sie wollen oder nicht! Dem Auftrag Jesu zu folgen heißt also nicht, perfekt zu sein, sondern so zu leben, dass wir als Vorbilder für Jesus brauchbar werden. Jesus selbst war uns ein Vorbild. Ihm zu folgen heißt, sich auf Gott zu verlassen, mit ihm in einer engen Gemeinschaft zu bleiben und nach seinen guten Regeln zu leben. Wer so lebt, ist immer ein Vorbild und im positiven Sinne ansteckend. Christen, die diese Herausforderung annehmen, verändern die Welt. Durch Jesus Christus können wir Vorbilder sein.

 

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