01.09.2016

Kinder brauchen Herausforderungen

Den meisten Kindern wird die Voraussetzung für Widerstandsfähigkeit nicht in die Wiege gelegt, soviel ist sicher. Aber wir können Resilienz bei Kindern fördern. Die beste Voraussetzung, um als Erwachsener Krisen meistern zu können, ist, wenn Kinder eine sichere Geborgenheit innerhalb der Familie erleben. Wer diese Geborgenheit in seiner Kindheit und Jugend erlebt, ist in jeder Hinsicht besser dran. Denn je umfangreicher ein Mensch sich in seinem Lebensumfeld angenommen fühlt, desto offensiver und mutiger kann er auf die unterschiedlichsten Herausforderungen des Lebens reagieren.

Was macht ein selbstbewusstes Kind aus?

Ein selbstbewusstes Kind lässt sich nicht von jedem Hindernis aus der Bahn werfen, sieht sich aber auch nicht als den Mittelpunkt der Welt, sondern kann auch nachgeben, weil es schon früh gelernt hat, mit Spannungen und Konflikten umzugehen. Dadurch bringt es auch gute Voraussetzungen mit, um sich zu einem liebenswürdigen Menschen zu entwickeln. In der Kinderliteratur gibt es einige schöne Beispiele dafür. Bekanntlich zeichnen diese Fähigkeiten gerade sehr beliebte Kinderhelden, wie z. B. Astrid Lindgrens „Pippi Langstrumpf“ aus. Was immer passiert, Pippi bietet dem Schicksal die Stirn, ist nie auch nur eine Sekunde verzweifelt. Damit wird in diesem Weltbestseller schon aufgezeigt, worum es geht. Es ist dieses Starkwerden, um später stark zu sein, das Kinder sich wünschen.

„Was uns aufbaut, ist die Entfaltung durch die Auseinandersetzung mit einer uns im Ganzen herausfordernden Welt.“
Hugo Kükelhaus (1900 - 1984),
Pa?dagoge, Philosoph, Ku?nstler, Forscher

Wie aber können Eltern die Resilienz ihrer Kinder gezielt stärken?

Im Grunde ist es einfacher, als man denkt, nur praktizieren es die wenigsten Eltern. Deshalb gibt es so viele überbehütete Kinder, die später oft die größten Probleme haben. Was liegt also näher, als sich darum zu kümmern, dass unsere Kinder stark und widerstandsfähig werden? Was es dazu braucht? Ganz einfach. Übung und noch einmal Übung, um damit die Fähigkeit zu entwickeln, im Umgang mit alltäglichen Erfordernissen oder Belastungen fertig zu werden. Das ist im Grunde überall auf der Welt und in unserem Leben so. Oft sind besondere Fähigkeiten eines Menschen, Konflikte zu vermeiden bzw. zu meistern, das Ergebnis einer leidvollen Erfahrung. Wenn das Leben eines Menschen von Miss­erfolgen, Zurückweisungen oder Ungerechtigkeiten geprägt ist, werden sie stärker und können daran wachsen. Denn „was uns nicht umbringt, macht uns nur stärker“. In diesem Ausspruch des Philosophen Friedrich Nietzsche ist viel Wahres. Allerdings birgt das auch sehr viele Gefahren und wäre deshalb wohl nicht zu empfehlen. Wenn wir uns nur darauf verlassen, dass Misserfolge und die Härten des Lebens uns stärker machen, wäre das eine fatale Einstellung. Der oft verwendete Satz: „Im Leben wirst du's dann schon sehen!“ meint allerdings genau das. Ja, im späteren Leben sehen es viele der verwöhnten, verwahrlosten und verzogenen Kinder, dass vieles anders ist, als die allzu besorgten Eltern es ihnen vermittelt hatten. Doch das ist kein guter Weg, wenn man es erst im Leben „auf die harte Tour“ lernt. Denn erstens kann es tatsächlich dazu führen, dass Menschen daran scheitern und zweitens kann diese Form des Lernens sehr schmerzhaft sein. Wenn Kinder in ihrer Erziehung sehr verweichlicht werden, empfinden sie bereits die kleinste Zurückweisung oft schon als die größte Beleidigung. Sie glauben, die Welt bricht zusammen, wenn das Lieblings-Dessert nicht auf dem Tisch steht, oder  in der Schule eine schwierige Lernleistung ansteht. Im Haushalt auch einmal mitzuhelfen oder im Urlaub auf warmes Wasser zu verzichten; das alles kann für das sehr verweichlichte Kind zu einer wahren Katastrophe werden, ganz zu schweigen vom fehlenden Handyempfang oder einer unglücklichen Liebe. Wer hingegen in seiner Erziehung schon gelernt hat, derlei Dinge einfach „wegzustecken“, für den wird all das kein großes Problem darstellen.

„Ein Kind verwöhnen, heißt: es sich zur Last zu erziehen.“
Verfasser unbekannt

Es geht also nur darum, dass man es lernt

Tatsächlich sind wir imstande, uns an vieles in unserem Leben zu gewöhnen, insbesondere als Kinder, wenn wir durch eine kluge und frühe Erziehung behutsam zu mehr Widerstandsfähigkeit hingeführt werden. Wer also falschen Entwicklungen vorbeugen möchte – und das kann jedem Elternteil nur geraten werden – der beginnt am besten schon früh damit, seinem Kind durch intensive, altersgemäße Herausforderungen zu helfen, die in einer sicheren Bindung zu den Eltern klug begleitet werden. Konkret fängt das vielleicht so an, dass wir zuerst selbst lernen müssen, damit umzugehen. Wenn Sie z. B. sehen, wie das zehn Monate alte Baby auf ein interessantes Spielzeug zurobben beginnt, dann lassen sie es robben. Machen Sie es nicht so, wie so viele Eltern es machen, die nichts Besseres zu tun haben, als dem Kind alles sofort zu bringen. Das wäre das Falscheste, was Sie tun können. Lassen Sie die Herausforderungen lieber zu, ja, muten Sie es ihrem Kind zu, sich anzustrengen; das ist etwas vom Wichtigsten in einer Erziehung. Denn Sie fördern dadurch die Widerstandsfähigkeit des Kindes und stärken dadurch gleichzeitig sein Selbstbewusstsein. Aber gerade hier scheitern bereits viele Eltern, weil sie ihre Kinder verwöhnen. Deshalb vergessen Sie nicht, dass es viel besser ist, wenn schon Kleinkinder und selbst Säuglinge ihre Ziele möglichst selbst erreichen. Das ist wichtig für ihre Entwicklung. Nur wenn Sie Ihrem Kind etwas zumuten und auch zutrauen, wird es imstande sein, Kraft und Selbstbewusstsein zu entwickeln, was ihm dann im Umgang mit den Herausforderungen des Lebens hilft. Die Voraussetzung dafür, dass ein Mensch in schwierigen Situationen nicht sofort aufgibt, sind genau diese Fähigkeiten, die wir am einfachsten und besten schon im Kindesalter lernen.

Die gut gemeinte Sorge der „Helikopter-Eltern“

„Helikopter-Eltern“ werden Eltern genannt, die alles tun, um ihre Kinder wie in einem Treibhaus der Verwöhnung aufwachsen zu lassen. Sie stehen dazu in einer ständigen „Pass-auf-Haltung“, trauen ihren eigenen Kindern so gut wie gar nichts zu und lösen ihnen praktisch alle nur möglichen Probleme. Solche Eltern dürfen sich nicht wundern, wenn ihr Kind später schon bei der kleinsten Belastung alles hinschmeißt oder als Schulkind unter Prüfungsangst leidet. Denn auch unsere Seele ist wie ein Muskel, der trainiert werden muss. Seelische Abwehr und Widerstandsfähigkeit kann und muss trainiert werden. Das erklärt auch, warum manchmal aus Kindern mit einer schweren und stark belastenden Kindheit ganz normale und bisweilen sogar emotional sehr starke Erwachsene werden, während Kinder, die von ihren Eltern überbehütet werden, später oft darunter zu leiden haben. Eine zu große Sorge um das Kind kann gut gemeint sein, ist aber oft die völlig falsche Erziehungsmethode.

„Im Spiegel des Wassers erkennt man sein Gesicht, und im Spiegel seiner Gedanken erkennt der Mensch sich selbst.“
Die BIBEL, Sprichwörter 27,29

Warum Kinder in unguten Lebensumständen oft stärker werden

Kinder, die in unguten oder schädigenden Lebensumständen aufwuchsen, entwickeln sich  später oftmals zu resilienten Erwachsenen. Warum? Weil diese Kinder sich irgendwann – meist im Alter zwischen 5 und 16 Jahren – entscheiden, ein besseres Leben jenseits der Ursprungsfamilie zu suchen. Meist finden sie dann bei emotional einflussreichen Persönlichkeiten Menschen, Lebensläufe oder auch nur haltgebende Ideen und Visionen, die ihnen eine neue Lebensperspektive eröffnen, an der sie sich orientieren und woran sie wachsen. Meist sind es Menschen, die Wärme und Zutrauen ausstrahlen, die eine solche Orientierungs-Funktion ausüben und damit zu einem Anker außerhalb der eigenen Familiensituation werden, den das Kind bewusst oder unbewusst nutzt, um seine Situation komplett zu verändern.

Worauf kommt's an? Wie können Eltern das Selbstbewusstsein ihrer Kinder stärken?

  1. Lassen Sie Herausforderungen für Ihr Kind zu oder schaffen Sie diese.

  2. Kinder brauchen keine Dauer-Versorgung

  3. Durststrecken gehören zum Leben. Das ist für Kinder wichtig zu wissen.

  4. Echtes Selbstbewusstsein ist zumeist das Ergebnis von erbrachter Leistung, Annahme durch die Eltern und Bestehen in der Herausforderung.

Alle diese Grundlinien entsprechen dem biblischen Menschenbild und fördern und helfen unseren Kindern, vorbereitet zu werden auf ein Leben, das jedem von uns meist mehr abverlangt, als uns allen lieb ist.

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