01.06.2020

Gott will, dass wir in Spannungen leben

Die Schöpfung Gottes ist polar angelegt: Himmel - Erde; Tag - Nacht; Mann - Frau; Alte - Junge; Ruhe - Arbeit. Das alles bewirkt eine gewisse Spannung, auf die unser gesamtes Leben angelegt ist. Wer also dem Leben gerecht werden will, der muss lernen, mit diesen Spannungen umzugehen, ohne sie aufzulösen. Vielen Menschen fällt gerade das unheimlich schwer. Sie möchten diese Spannung am liebsten sofort loswerden, zumindest abkürzen oder aufheben. Oft ist ihnen dazu jedes Mittel recht. Drogen, Alkohol, Lüge; alles kommt hier ins Spiel. Oft sind es die abenteuerlichsten Methoden, die angewandt werden, um diese Spannungen zu lösen. Trotzdem gelingt es nicht. Warum? Weil das, was in der Schöpfung als Grundprinzip angelegt ist, nicht einfach ohne Weiteres geändert werden kann.

Warum aber sind diese Spannungen so wichtig für unser Leben? Die Antwort ist einfach. Sie fördern unser Wachstum, unseren Reifungs- und Lernprozess. Spannungen sind wie eine Schule, die wir durchlaufen müssen. Viele unternehmen alles, um aus dieser „Schule des Lebens“ auszubrechen, kommen damit aber nicht weit, weil Meinungsverschiedenheiten und gegenteilige Ansichten nun mal zu unserem Leben gehören. Da nützt es auch nichts, wenn wir Konflikte als Folge des „Sündenfalls“ sehen, von dem die Bibel spricht, seitdem wir Menschen als gefallene Wesen in unserem Leben stehen. Die Ursachen der Spannungen liegen viel tiefer. Der Schöpfer wollte Spannung und hat sie deshalb als ein wichtiges Prinzip unseres Lebens durch die polare Konzeption der Schöpfung selbst eingesetzt.

Der Widersacher Gottes will immer das Eine ...

Es mag sich eigenartig anhören, aber Gott will, dass wir in Spannung leben. Das zeigt sich sowohl in seiner Schöpfung als auch in deren Erhaltung und in seinem Plan der Erlösung durch Jesus Christus. Wir stehen überall in diesen Spannungsfeldern, die wir im Grunde gar nicht auflösen können und sehr oft auch nicht auflösen sollen. Der Widersacher Gottes hingegen will genau das Gegenteil. Deshalb redet er uns dauernd ein, dass wir die von Gott in seiner Schöpfung gesetzten Spannungen auflösen sollen. Er verführt Menschen im Grunde ständig dazu, aus diesen Spannungen auszubrechen, sie abzuschütteln. Wenn Gott sagt, dass er möchte, dass wir diese Spannungen im Leben aushalten, weil sie zu unserem Vorteil sind, so sagt uns Gottes Widersacher genau das Gegenteil. Ob das im Bereich der Politik ist, der gesellschaftlichen Fragen allgemein oder in unserem privaten Bereich der Familie und Ehe;  immer flüstert der Widersacher uns diese „einfache Lösung“ ein, die er als Allheilmittel empfiehlt. Im Spannungsfeld der Ehe wäre das dann die Scheidung. Im Bereich der Politik die Diktatur und in den gesellschaftlichen Fragen sind es Abtreibung, Euthanasie u. v. m. Alles scheinbar „einfache Lösungen“, die uns vom Widersacher immer als alternativlos dargestellt werden. 

Jede gelungene „Auflösung der Spannung“ ist für den Widersacher Gottes ein Triumph. Er will eben „immer nur das Eine“, nämlich die Polarität, d. h. Gegensätzlichkeit oder den scheinbaren Widerspruch und die damit verbundene Spannung auflösen, um die von Gott eingeführte Schöpfungsordnung in eine immer größere Konformität, d. h. Gleichschaltung zu führen, die er manipulieren, lenken und letztlich beherrschen kann. Damit pervertiert der Widersacher Gottes die großartige Schöpfungsordnung und arbeitet permanent gegen das Prinzip des Lebens und des geistigen Wachstums. Aus den Beispielen der Geschichte von Faschismus, Kommunismus und Militarismus wissen wir, wohin diese Entwicklungen führen und was darauf folgt.

Aus Spannung wird Konflikt, aus Polarität Alternativlosigkeit, aus Verschiedenheit Unversöhnlichkeit und aus einem potentiell fruchtbaren Konkurrenzverhalten ein real unfruchtbarer Streit. Wer sich ein Bild davon machen will, braucht nur in einen Zoo zu gehen; am Verhalten der Menschenaffen können wir die vier anthropobiologischen Verhaltensweisen Neid, Imponierverhalten, Revierverhalten und Aggression beobachten.  

Streit - ein wichtiges Thema der Bibel

In der Bibel finden wir sowohl die von Gott gesetzten und gewollten Spannungen, die zu „fruchtbarem“ Streit führen, als auch den von Menschen verursachten „unfruchtbaren“ Streit. Daran können wir erkennen, wie realistisch die Bibel das Leben beschreibt. Weder die Bibel noch der christliche Glaube sind weltfremd, sondern respektieren Meinungsverschiedenheit und die daraus erwachsenden Spannungen und Streitursachen. Es gibt in der Bibel zahlreiche Geschichten, die uns von zum Teil erbitterten Konflikten berichten. Wir müssen beim Studium dieser Geschichten jedoch immer darauf achten, wie sie gelöst werden und was daraus folgt.  Kain und Abel (vgl. 1. Mose 4), Abraham und Lot (vgl. 1. Mose 13), Saul und David (vgl. 1. Sam 16-31), Heiden- und Judenchristen (vgl. Apg 15), Barnabas und Paulus (vgl. Apg 15), Parteiungen in Korinth (vgl. 1. Kor 3) u. v. m.; alle diese Konflikte sind voller Spannungen und aus jedem dieser Konflikte erfolgen zumeist sehr weitreichende Konsequenzen. Dabei unterscheidet die Bibel immer zwischen nötigem und unnötigem, fruchtbarem und unfruchtbarem Streit. Ich denke, es ist vor allem für uns heute sehr wichtig, dass wir lernen, das eine vom anderen zu trennen und zu unterscheiden.

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Im Streit um die Wahrheit des Evangeliums ist die Bibel unerbittlich. Jesus tritt seinen Gesprächspartnern, die z. B. nicht das Göttliche, sondern das Menschliche wollen, stets in aller Deutlichkeit entgegen. Auch der Apostel Paulus streitet unerbittlich dafür, dass es „kein anderes Evangelium“ gibt, wie er sagt (vgl. Gal 1,6-7). Daran wird deutlich, dass es Bereiche in unserem Leben gibt, wo keine Kompromisse möglich sind. Das ist z. B. so, wenn es um die Wahrheit des Evangeliums geht. In anderen Bereichen hingegen sind Kompromisse nicht nur möglich, sondern müssen sogar gesucht und gefunden werden. Das ist z. B. so in den vielen zwischenmenschlichen Bereichen einer Ehe oder vielleicht auch im Beruf, in der Gestaltung der Freizeit oder in vielen anderen Streitfragen. Wo es darum geht, Konflikte zu lösen, müssen vor allem die Konfliktursachen gesucht, benannt und geklärt werden. Selbst in Konflikten im Bereich christlicher Lebensführung, vom Streit über verschiedene Meinungen bis hin zu Frömmigkeitsformen, geht es darum, dass wir zu „Freude und Friede im Glauben“ kommen, im Lob Gottes beieinander bleiben und Unterschiedlichkeiten vielleicht auch einfach mal stehen lassen, bis Gott wieder zeigt, was er möchte. Eines ist jedoch wichtig zu wissen: Wenn Gott „Kompromisse“ schließt, sind sie nie gegen Gottes Wahrheit gerichtet. An diesen Grundsatz können auch wir uns halten. Gott kommt dem Menschen entgegen, aber das heißt nicht, dass er etwas unter den Teppich kehrt. Im Gegenteil, Gott klärt es auf kreative, überraschende Art und Weise. Jesu stellvertretender Tod für uns Sünder ist das beeindruckendste Beispiel dafür, wie der allmächtige Gott „Konflikte“ löst, ohne gegen seine Wahrheit zu verstoßen.

Deshalb geht es auch bei uns nicht in erster Linie darum, dass wir uns im Konfliktfall mit unserem Streitpartner „in der Mitte“ treffen, sondern dass wir über kreative Wege dahin finden, dass Frieden möglich wird, ohne dass wir dadurch gegen die Wahrheit handeln. Wie das im Einzelnen möglich wird, ist sicher von Fall zu Fall verschieden. Jedenfalls wird es nie zu einem echten Frieden kommen, wenn wir nur den „goldenen Mittelweg“ suchen. Versöhnung lebt zwar vom Entgegenkommen, aber in der Form, dass sie sich nicht gegen die Wahrheit richtet. Das zeigt nicht zuletzt Gottes „Kompromiss“ mit den Menschen, in dem er uns durch den stellvertretenden Tod Jesu ganz entgegenkommt, doch ohne dadurch Schuld und Sünde des Menschen als etwas abzutun, was nicht fürchterliche Konsequenzen mit sich bringt.  Das sehen wir am Kreuzestod Jesu.

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