12.06.2018

Die verschiedenen Ebenen der Kommunikation

Da gibt es z. B. das oberflächliche Reden. Das ist diese Art von Unterhaltung, die jedem das lässt, was er sagen möchte. Eine völlig unverbindliche und ungefährliche Art der Kommunikation, wenn man davon ausgeht, dass Kommunikation überhaupt ungefährlich sein kann. Denn wo immer Menschen miteinander reden, besteht auch die Gefahr des Missbrauchs von dem, was gesagt wird. Man kann das Gesagte verdrehen, in einem völlig anderen Zusammenhang wiedergeben und sogar gegen den anderen verwenden.
Aber abgesehen davon ist das oberflächliche Reden das Harmloseste. Da werden vielleicht Redewendungen verwendet wie „Wie geht es dir/Ihnen?“ oder „Was macht Ihre Familie?“ oder „Oh, dein Kleid gefällt mir!“ Oft steht hinter diesen Sätzen kein wirkliches Interesse. Wie es dem anderen geht interessiert uns nicht wirklich und was seine oder ihre Familie macht interessiert uns erst recht nicht. Deshalb fehlt solchen Gesprächen das persönliche Mitteilen. Jeder verharrt hinter seiner Schutzwand. Es wird im Grunde nichts von dem weitergegeben, was uns wirklich berührt oder betrifft. Leider gibt es dieses unpersönliche Gespräch manchmal auch zwischen zwei Menschen, die als Ehepaar miteinander leben. Wir müssen sagen: leider, denn solche Gespräche sind immer ein Alarmzeichen - zumindest in einer Ehe.

 

Fakten und Tatsachen

Bei Gesprächen, in denen es um Fakten und Tatsachen geht, erzählen wir Dinge, die wir oft nur von anderen gehört haben. Wir haben dazu meist gar keine eigene Meinung, sondern berichten lediglich von Dingen, die uns gar nicht berühren. Selbst wenn es nur Tratsch oder kleine Begebenheiten sind, die wir weitererzählen, berühren sie uns eigentlich nicht, denn wir legen uns dabei gefühlsmäßig nicht fest. So bleibt auch diese Form des Gespräches unverbindlich und nichtssagend.

Meinungen und Beurteilungen

Das ist eine Kommunikationsform, bei der eigentliche Kommunikation einsetzt. Wir sind bereit, unseren persönlichen Bereich zu verlassen und Überzeugungen und Entscheidungen preiszugeben. Trotz aller Offenheit sind wir dabei aber auf der Hut und ziehen uns vielleicht sofort wieder zurück, sobald wir erste Anzeichen einer Ablehnung bemerken. Wir kennen alle diese Situation. Doch es gibt noch weitere Ebenen der Kommunikation. Eine davon ist dann gegeben, wenn wir Gefühle mitteilen.

„Mit Schweigen ist im Unglück nichts getan.“
Euripides (480-407 v. Chr.)

Das kann tatsächlich als echte Kommunikation bezeichnet werden. Denn in dem Moment, in dem wir etwas von unseren Gefühlen mitteilen, geben wir auch etwas von uns selbst preis. Wir teilen uns mit. Vielleicht sind diese Gefühle bei uns sogar nur unterschwellig vorhanden. Indem wir sie aber mitteilen, enthüllen wir sie gleichsam und geben sie preis. Wir teilen uns mit - und werden dadurch auch gleichzeitig verletzbar. Denn wie allgemein zu beobachten, gilt auch hier: Der, dem wir etwas von uns erzählt haben, kann das Gesagte missverstehen, er kann es verdrehen, missbrauchen und sogar gegen uns verwenden. Aber genau da beginnt eigentliche Kommunikation. Wenn jemand sich einem anderen wirklich mitteilen will, muss er bereit sein, Gefühle zu offenbaren und verletzbar zu werden. Deshalb ist es auch verständlich, dass viele Menschen Probleme damit haben und oft tatsächlich nicht imstande sind, ihre Gefühle mitzuteilen. Auch wenn sie im Grunde vielleicht nur nicht bereit sind, verletzbar zu werden. Aber was auch immer der Grund dafür sein mag; solange dieser Mangel an Kommunikation nicht zu einem Problem auswächst, stellt all das kein Problem dar. Wenn eine Frau aber nicht mehr damit einverstanden ist, dass ihr Mann sich standhaft weigert, etwas von sich mitzuteilen, wird es anders und das Problem beginnt virulent zu werden. Vielleicht hat er es auch einfach nie gelernt, über Gefühle zu reden. Das Problem ist nur, dass es in einer Ehe gar nicht anders geht. Denn hier kommt man nicht weiter ohne ernsthafte Kommunikation. Jede andere Situation ist wahrscheinlich auf Dauer unhaltbar und hat - vor allem in unserer Zeit - bereits oft zur Trennung geführt. Vielleicht auch nur deshalb, weil der Partner schon jahrelang darauf wartet - und nichts kommt. Grundbedürfnisse wie echte Kommunikation müssen erfüllt werden. Wer also vermeiden will, dass es zu unliebsamen Entwicklungen in einer Ehe kommt, muss sich dessen bewusst sein und gegebenenfalls auch etwas dagegen unternehmen, bevor es zu unerwünschten Entwicklungen kommt.

„Zu reden lernt man durch reden.“
Marcus Tullius Cicero (106-43 v. Chr.)

„Schweigen ist das Element, in dem sich große Dinge gestalten“, sagte bereits der schottische Philosoph Thomas Carlyle (1795-1881). Das Problem dabei ist nur, dass es auch sehr negative Dinge sein können.

Was können wir daraus erkennen?

Daraus können wir lernen, dass Kommunikation, bei der auch Gefühle ausgetauscht werden, zu jeder funktionierenden Ehe gehören. Wir können aber auch daraus lernen, dass es Menschen gibt, die wahrscheinlich schleunigst „nach“-holen und einüben sollten, über Gefühle zu reden, bevor ihr beharrliches Schweigen seine zerstörerische Kraft entfaltet. Denn was wir nicht unser Eigen nennen, werden wir wahrscheinlich auch nicht praktizieren. Wenn es aber um ein Grundbedürfnis des Menschen geht, tun wir sicher gut daran, uns darum zu kümmern, dass es gestillt werden kann. Wäre es nicht eine Tragik, wenn eine Ehe auseinandergeht, nur weil ein Mann nie gelernt hat, über seine Gefühle zu reden? Denn echte Kommunikation in einer Ehe muss sein - und sie beginnt damit, dass wir fähig werden, über unsere Gefühle zu reden.

Aufrichtige Kommunikation

Alle tiefergehenden Beziehungen, insbesondere die einer Ehe, gründen auf Vertrauen, Offenheit und Aufrichtigkeit. All das hat aber wiederum zwei Seiten. Denn auf der einen Seite muss ein Partner dem anderen den Raum zugestehen, damit er eine Chance hat, vertrauenswürdig, offen und aufrichtig zu sein. Auf der anderen Seite muss der andere Partner diese Offenheit und Aufrichtigkeit auch praktizieren. Beides ist nicht immer leicht, weil auch hier wieder ein Risiko damit verbunden ist. Meine Offenheit und Aufrichtigkeit kann schließlich auch ausgenutzt und missbraucht werden. Dennoch sind Offenheit und Aufrichtigkeit wichtig und sollten in einer Ehe immer angestrebt werden.
Wieder sind wir auf einer Ebene der Kommunikation, mit der viele Menschen Schwierigkeiten haben. Sei es, dass sie selbst keine Offenheit und Aufrichtigkeit wollen oder dass sie nicht offen und ehrlich sein können, weil ihnen der andere nicht das Vertrauen und den dafür nötigen Raum gibt.

Aufrichtig und offen über Gefühle reden

Das ist nun die Königsdisziplin der Kommunikation, wenn wir aufrichtig und ehrlich über unsere Gefühle reden können, ohne dass wir dafür einen anderen verletzen oder zurücksetzen müssen. In einer glücklichen Ehe ist es genau das, was Menschen auszeichnet und verbindet, denn es schafft Vertrauen. Ich erzähle dem anderen, wie es mir geht, teile mich ihm mit und werde dadurch verletzbar. Dieses Risiko gehe ich aber gerne ein, weil ich weiß, dass der andere es nie missbrauchen wird. Er gibt mir den Raum dazu, offen und ehrlich zu sein, dass ich mich - ohne Angst davor haben zu müssen, dafür ausgenutzt zu werden - mitteilen kann. Das ist nun die Ebene eines Gesprächs zwischen zwei Menschen, die sehr intim sein kann, aber unendlich viel Vertrauen zu schaffen imstande ist. Männer müssen sehr oft erst lernen, ihre Gefühle so offen und ehrlich zum Ausdruck zu bringen, während Frauen ihnen auch den nötigen Raum dafür geben müssen. Gefühle sind nun mal das, was unser inneres Leben bestimmt. Wenn wir etwas vom Anderen verstehen wollen, müssen wir in einer Ehe fähig werden, miteinander in dieser Form zu kommunizieren - und das geht, wenn wir Gefühle zum Ausdruck bringen, offen und ehrlich zueinander sind und dadurch eine Atmosphäre des Vertrauens schaffen, die dann die Grundlage bildet für eine glücklichen Ehe. Kommunikation und Vertrauen, das sind die beiden Faktoren, um die es geht. Beides will erarbeitet sein - und beides hängt eng zusammen. Das weiß wahrscheinlich derjenige am allerbesten, der beides in seinem Leben schon verloren hat.


 

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