01.11.2008

Depression – gibt es einen Ausweg?

Da ist zunächst einmal die Frage nach den Ursachen. Manche Depressionen gehen auf organische Ursachen wie Stoffwechselstörungen oder Schwankungen im Hormonhaushalt zurück. Oft sind es jedoch Lebenseinstellungen und antrainierte Gedanken, die einen Menschen in die Depression führen. Man spricht dann von einer "reaktiven Depression". Wenn sich z. B. das Leben nicht so entwickelt, wie man es sich vorgestellt hat, kann der Betreffende mit einer Depression reagieren. Wenn Erwartungen von einer glücklichen Ehe zerstört werden oder eines der Kinder sich anders entwickelt als erwartet ; wenn es im Beruf bergab geht oder eine Freundschaft zerbricht ; die erhoffte Ehe nicht mehr zustande kommt oder eine scheinbar sichere Geld­anlage sich als Fehlinvestition erweist. Das alles können Momente im Leben sein, die eine Depression auslösen. Die Ursache dafür liegt aber meistens viel tiefer. Deshalb ist dort auch der Anfang zu suchen für den Heilungsprozess. Wie verschiedene Berichte von Betroffenen bestätigen, liegt der Schlüssel tatsächlich oft im richtigen oder falschen Denken. Wir Menschen machen uns viele Gedanken – aber nicht immer die richtigen. Unser Denken beeinflusst unser Leben, ebenso wie uns das beeinflusst, was wir erleben. Dass all das wiederum unsere Gefühle verändert, ist bekannt. Das Gehirn aktiviert Botenstoffe und leitet sie an das Nervensystem weiter, wodurch dann im Gehirn z. B. Freude oder Kummer ausgelöst wird.

Ein Beispiel: Eine 30-jährige Frau litt unter Depressionen, die ganz unerwartet auftraten. Sie konsultierte Ärzte und Psychiater, die zur Ansicht kamen, dass die Heftigkeit dieser Depressionen nur mittels Elektroschocktherapie behandelt werden könnte. Das lehnte die Patientin jedoch ab, obwohl Antidepressiva, Beruhigungstabletten und andere Medikamente bereits ihren ganzen Medizinschrank füllten und die Nebenwirkungen der Medikamente manchmal schlimmer waren als die Depressionen selbst. Dann riet man ihr zu einer "Kognitiven Verhaltenstherapie", in der Depression als gestörtes Denkverhalten behandelt wird. Die Behandlung bestand aus Beratungsgesprächen und schriftlichen Aufgaben, die helfen sollten, das gestörte Denkverhalten der Frau zu korrigieren. Diese Therapie brachte die Wende. Als die Frau mit der Therapie begann, wurde ihr klar, dass ihre Depressionen in erster Linie auf eine Reihe negativer Einstellungen und Gedanken über sich selbst und ihre Zukunft zurückzuführen waren. Deshalb besserte sich ihr Zustand in dem Maße, wie sie dieses "falsche Denken" aufgab und anfing, anders zu denken und zu leben. "Manchmal", sagte die Frau anschließend, "scheint es, als käme es nur darauf an, richtig zu denken, um gesund zu werden. Ich aber habe einen Großteil meines Lebens verschwendet, bevor ich dies erkannte". Dr. David Burns, eine Kapazität auf dem Gebiet der "Kognitiven Verhaltenstherapie", stellt fest: "Die Technik selbst ist sehr einfach. Jedoch kann es sehr schwierig sein für einen Menschen, einzusehen, dass seine Denkprozesse unlogisch und negativ sind und deshalb geändert werden müssen, um dadurch Heilung zu erfahren". Was die "Kognitive Verhaltenstherapie" lehrt, empfiehlt Gottes Wort, die Bibel, schon seit mehreren tausend Jahren. Im Brief an die Römer fordert uns der Apostel Paulus auf, uns nicht dieser Welt anzupassen, sondern unser Denken zu erneuern (Röm. 12, 2). Wenn wir bedenken, mit wie vielen negativen Gedanken wir heute tagtäglich konfrontiert werden, wird klar, dass diese Aufforderung eine erste Hilfe sein kann. Denn die Informationen, die in Form von Nachrichten auf uns einströmen, sind fast immer negativ. Wer davon nicht in eine Depression hineingezogen werden will, muss etwas ändern. Eine Frau, die lange Zeit unter schweren Depressionen litt, sagte nach ihrer Genesung: "Was ich bei all diesen Methoden, Depressionen zu behandeln, zu beanstanden habe, ist: Es geht immer nur um "Gefühle". Als ich jedoch erkannte, dass das eigentliche Problem in meinem negativen Denken liegt, war das der Wendepunkt für mich, weil ich erkannte, dass ein Großteil meiner inneren Verzweiflung dadurch verursacht wurde." Dieses "falsche Denken" wird von uns allen nicht ernst genug genommen. Tatsächlich ist es oft die eigentliche Ursache für eine nicht enden wollende Depression. Denn auch das ist zu bedenken: Wer erst einmal an einer Depression leidet, muss sich umso mehr darum be­mühen, seine Gedanken rein zu halten. Wer jedoch imstande ist, seine Gedanken zu verändern und seine Einstellung zum Leben und zu sich selbst zu korrigieren, der hat in der Regel auch gute Chancen auf eine Genesung. Wer hingegen weiter nur um negative Gedanken kreist und alles ignoriert, was ihn erbauen und letztlich auch heilen kann, der wird an seiner Depression wahrscheinlich wenig ändern. Der Rat eines bekannten christlichen Psychiaters lautet: "Beschäftigen Sie sich dreimal pro Tag, jeweils fünf Minuten lang, mit der Situation, die zu Ihrer Depression geführt hat, indem Sie aber als Gegengewicht die "andere Seite der Medaille" niederschreiben – den Teil der Wahrheit, den Sie vernachlässigt bzw. nicht erkannt haben. Aspekte also, die positiv sind, auch wenn die Situation aus Ihrer Sicht negativ erscheint." Dieser Ratschlag mag schwierig erscheinen und unseren ganzen Willenseinsatz erfordern. Wer ihn jedoch befolgt, wird davon profitieren. Bis das, was anfangs mühevoll erschien, am Ende nur noch ein Vergnügen ist.?Nach drei oder vier Wochen können Menschen, die sich daran halten, erleben, wie sich der Zustand der Depression bessert. Dann geht es nur noch darum, so lange damit fortzufahren, bis sich eine dauerhafte geistliche und emotionale Stabilität einstellt. Pfarrer Martin Holdt, der selbst mit einer fünfeinhalb Jahre lang dauernden Depression zu kämpfen hatte, schreibt: "Eine Frau, die viele Jahre unter Depressio­nen litt, suchte mich auf. Seit ihrer Geburt hatte ihre Mutter sie abgelehnt. Von frühen Kindesjahren an hatte sie sie stets daran erinnert, dass sie ein ungewolltes Kind und eine Belastung für die ganze Familie war. Diese jahrelang gedemütigte und mittlerweile verheiratete Frau fiel in tiefe Depressionen und kam da­raufhin zu einem Psychiater und einem Psychologen in Behandlung. Es war für sie praktisch unmöglich geworden, mit der Ablehnung durch ihre Mutter zurechtzukommen und gleichzeitig drei eigene Kinder großzuziehen." Wieder zeigt sich auch hier, wie falsches Denken zur Ursache für eine Depression werden kann. In diesem Fall kam es vom falschen Verhalten der Mutter, übertrug sich dann aber auf die Tochter, bei der es zur Depression führte. Als Pfarrer Holdt der Frau helfen konnte zu verstehen, dass Gott sich – trotz der Ablehnung durch ihre Mutter – entschieden hatte, sie zu bejahen, begann sich ihr Denken über sich selbst zu verändern. Pfarrer Holdt schreibt: "Als mich diese Frau, wie verabredet, zwei Wochen später aufsuchte, war sie ein anderer Mensch. Einige Monate danach sagte sie zu mir: "Ich nehme kein einziges Medikament mehr!" Was diese Frau von sich dachte, war davon geprägt, was ihre Mutter immer wieder sagte. Das war im Prinzip gar nicht falsch. Es war aber nur eine Seite der Wahrheit; die andere war noch wichtiger, und die konnte die Frau lange nicht erkennen. Als es ihr gelang, auch diese andere Seite zu sehen und zu akzeptieren, änderte sich ihr Denken und damit auch ihre Gefühle, und ihre Depression konnte überwunden werden. Genau so geht es vielen Menschen. In der Bibel wird uns davon berichtet, wie Gott dem Propheten Elia aus seiner Depression half. Das erste, was Gott machte: er ließ ihm genaue Information zukommen; denn es war die Situation, in der er sich glaubte zu befinden, die Elia so stark deprimiert hatte, dass er sogar daran dachte, sich das Leben zu nehmen. Wir lesen davon, wie Elia sagt: "Nur ich bin übrig geblieben, ich allein. Und nun trachten sie auch mir nach dem Leben!" (1. Kön. 19, 10) Gott aber korrigiert ihn, indem er ihn wissen lässt, dass es noch siebentausend andere Menschen gibt, die vor dem Götzen "Baal" nicht die Knie gebeugt hatten! Das war genau die Information, die Elia brauchte, um wieder aus seiner Depression herauszukommen.

Aber geht es uns oft nicht genauso?

Wir messen negativen Faktoren eine hohe Bedeutung bei und bemerken nicht das Gute, das Gott uns gibt. Oft erkennen oder schätzen wir nicht, wer Gott ist und was er getan hat. Er gibt uns so vieles, was uns Freude bereitet. Auch ist es Gott nicht gleichgültig, was in uns vorgeht. Pfarrer Holdt schreibt: "Es ist keine Sünde, depressiv zu werden – wohl aber, depressiv zu bleiben, wenn es einen Ausweg gibt." Wenn wir von dem Gebrauch machen, was Gott uns anbietet, können wir in vielen Fällen Depressionen tatsächlich überwinden. Wir überwinden durch Christus, der uns geliebt hat, indem wir leben wie er und auch denken wie er. Dann werden wir erfahren, dass sich depressives Denken oft erst gar nicht einstellt. Eines der Allheilmittel dafür ist das Verzeihen. Was das Vergeben alles bewirken kann und wie gesund es im wahrsten Sinn des Wortes ist, wird von der Wissenschaft heute immer mehr entdeckt. Dass Ärger und ungelöste Probleme krank und depressiv machen können, ist bekannt. Auf der anderen Seite kennt jeder von uns auch das Gefühl der Befreiung und Erleichterung nach einer Versöhnung. Genau das haben Studien zum Verzeihen gezeigt. Eine Studie von Dr. James Carson, Psychiater an der Duke University in North Carolina, brachte zutage, dass Verzeihen Depressionen und sogar chronische Rückenschmerzen lindern und auch heilen kann. Der Psychologe Dr. Frederic Luskin, Begründer des "Forgiveness"-Projekts an der kalifornischen Stanford University, hat einen Vergebungsunterricht mit 250 Personen durchgeführt. Das Ergebnis war verblüffend. Verzeihen reduzierte sämtliche Stresssymptome – von Kopf- und Magenschmerzen bis hin zu Müdigkeit und Schwindel. Vergeben senkte auch den Blutdruck, Muskelverspannungen lösten sich. Die seelische Verfassung der Teilnehmer verbesserte sich. Noch Monate nach dem Verzeih-Kurs fühlten sich die Teilnehmer vitaler und optimistischer als vorher.

Das wirft die Frage auf, warum Verzeihen so wichtig für uns ist

Wir alle haben in unserem Innern ein paar "unerledigte Dinge". Viele quälen sich damit herum und fangen an zu grübeln. Sie fragen sich vielleicht: "Wie konnte man mir so etwas antun?" Diese Gedanken übertragen sich dann auf unsere Gefühle und unseren Körper. Die Folge ist genau jene Belastung, von der wir frei werden müssen, wenn wir heil werden möchten. Was aber hindert uns daran, anderen zu verzeihen? Wir sagen: "Das kann ich ihm nie verzeihen!" und wollen damit vielleicht eine Art "Bestrafung" erzielen. Doch letztlich richtet sich die "Bestrafung" gegen uns selbst. Der andere, den wir treffen wollten, bekommt vielleicht gar nichts davon mit. Selbst wenn wir ihm aus dem Weg gehen und dadurch unsere Verletztheit signalisieren, wird er womöglich gar nicht so betroffen sein wie wir selbst. "Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern", ist nicht nur eine Bitte im Vaterunser, sondern eine Grundregel für's Wohlbefinden. Wer an seinem Schmerz festhält, bestraft sich nur selbst. Damit verschwenden wir kostbare Lebensenergie, die wir für Schöneres einsetzen könnten. Wer hingegen verzeiht, lässt nicht zu, dass Menschen oder Ereignisse sein Leben beeinflussen. Wer im Sinne der biblischen Botschaft "richtig" zu denken anfängt, kann sich von Depression befreien und beginnen aufzuatmen.

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