01.10.2018

Damit Beziehungen wieder gelingen

Viele werden sagen, dass es hauptsächlich Bindungsängste sind, die Menschen in unserer Zeit daran hindern, eine Ehe einzugehen. Doch woher kommen sie? Ist es nicht so, dass auch die stark veränderten Schutzgesetze der Ehe daran schuld sind, dass diese Ängste überhaupt erst entstehen konnten? Vielleicht ist es in einzelnen Fällen auch eine tatsächliche Bindungsunfähigkeit. Das wird aber wahrscheinlich nicht oft zutreffen. Wenn auch zu befürchten ist, dass dieser Trend zur Bindunsunfähigkeit noch weiter zunehmen wird. Dass Menschen Probleme damit haben, dauerhafte Beziehungen einzugehen oder aufrechtzuerhalten, ist überall in unseren Gesellschaften zu beobachten. Prominente Paare machen es vor und die Gesellschaft führt es weiter. In Deutschland - und nicht nur dort - geht die Zahl der verbindlichen Eheschließungen immer noch weiter zurück. Die Zahl der Kinder, die außerhalb einer Ehe geboren werden und aufwachsen, hat sich vervielfacht. Wenn wir allein daran denken, dass 1975 nur 8,5 % der Kinder unehelich geboren wurden und 2010 bereits 33 %, so sagt diese Zahl schon alles. 2017 war es 34,75 %. Das heißt, dass zwar immer mehr Kinder mit nur einem Elternteil aufwachsen, aber der Trend galoppiert zumindest nicht mehr so weiter wie in den Jahren davor. Trotzdem hat sich der Anteil der Alleinerziehenden an der Gesamtbevölkerung in den letzten vier Jahrzehnten vervierfacht. Was konkret bedeutet, dass heute in Deutschland bereits 40 % aller Haushalt sogenannte Einzelhaushalte sind, die also tatsächlich nur noch aus einer Person bestehen.

„Gestalte dein Leben nach der Weisheit, die Gott gibt, dann bist du in Sicherheit.“
Die BIBEL, Sprüche 28,26

Diese Tendenz zur Ungebundenheit hat natürlich weitreichende gesellschaftliche Folgen. Viele Menschen wissen heute überhaupt nicht mehr, was Liebe und Treue wirklich bedeuten. Ein ganzes Leben lang bei nur einem Partner zu bleiben können sie sich schon gar nicht mehr vorstellen. Deshalb fühlen sich Frauen auf ihrer Suche nach einem bindungsfähigen und bindungswilligen Partner so oft enttäuscht. Wenn es dennoch gelingt, einen Partner zu finden, heißt es oft, Abstriche zu machen, bis kaum noch etwas übrig ist vom ursprünglichen Ideal. „Ich glaube nicht mehr an die Möglichkeit einer lebenslang gelingenden Beziehung“, war dazu in einer Zeitschrift zu lesen. „Man kann nicht ein Leben lang jemanden lieben. Man kann sich nur aneinander gewöhnen. Wenn das Gefühl des Verliebt-Seins nicht mehr da ist, sucht man sich eine Andere oder einen Anderen. Manchmal ist es so, dass die anderen uns nicht lieben können und ein anderes Mal können wir andere nicht lieben. So kommt es zur Trennung und die Suche geht von vorne los, in der Hoffnung, dass das nächste Mal die oder der Richtige vielleicht doch noch kommt.“
Wen wundert es da, wenn die Zahl der Eheschließungen so weit zurückgegangen ist und die Zahl der kirchlich geschlossenen Ehen ebenso. In Südtirol feierten bis zum Jahr 2000 noch mehr als die Hälfte der Brautleute ihre Vermählung in der Kirche, inzwischen sind es gerade noch 45 %.

Der Wunsch nach einem Partner - und die steigende Bindungsangst

Christa Meves, die bekannte Psychotherapeutin und Autorin hat schon vielfach darauf hingewiesen, dass auch durch die Errungenschaften der Emanzipationsbewegung den Kindern eine gesunde emotionale Entwicklung in zunehmendem Maße vorenthalten wird. Die Folge davon ist, dass es immer mehr Menschen gibt, die sich zwar nach Nähe sehnen; sie aber in dem Moment nicht ertragen, wenn sie dann tatsächlich da ist. Klaus E. Grossmann, früherer Professor an der Universität Regensburg, und seine Frau Karin haben sich ihr Leben lang mit der Erforschung von Bindung und Bindungsangst beschäftigt und kommen zu folgendem Schluss:

  1. Menschen haben von Geburt an ein biologisches Bedürfnis nach Bindung. Eltern haben die Aufgabe, dieses Bedürfnis des Kindes wahrzunehmen und angemessen darauf zu reagieren.

  2. Das Bindungssystem, das sich in den ersten drei Lebensjahren entwickelt, bleibt während des ganzen Lebens aktiv.

  3. Menschen, die als Kinder eine Bezugsperson hatten, die ihnen Ruhe, Distanz und Nähe sowie Berechenbarkeit vermittelt hat, können positive wie negative Erfahrungen mit ihren Eltern schildern. Sie haben eine positive Sicht von sich selbst und von anderen, können frei über ihre Erlebnisse sprechen, die sie mit ihren Eltern machten, und verkraften Widrigkeiten des Lebens leichter.

  4. Menschen, die als Kinder diese positiven Erfahrungen nicht machen konnten, zeigen ihren Schmerz oft nicht. Stattdessen tun sie so, als sei alles in Ordnung. Sie halten sich unter Kontrolle, tun sich jedoch schwer, feste Freundschaften zu pflegen, haben als Erwachsene in der Regel Probleme mit Nähe, wirken kühl und desinteressiert und lassen andere nur deshalb nicht an sich heran, weil sie Angst haben, enttäuscht zu werden. Als Erwachsene idealisieren sie häufig ihre Eltern, messen zwischenmenschlichen Beziehungen und emotionalen Bindungen allerdings nur sehr wenig Bedeutung zu. Solche und viele andere damit verbundene Probleme können wir nur lösen, wenn wir uns selber besser begreifen lernen.

Lauf nicht vor der Liebe weg - wie Bindungsfähigkeit verbessert werden kann

Menschen, die das Zerbrechen einer Beziehung erlebt haben, können oft viele Eigenarten aufzählen, warum der andere nicht der richtige Partner für sie war. Dabei ist das gar nicht so wichtig, weil es Beziehungsprobleme immer und überall gibt. Wichtig ist nur, wie wir damit umgehen. Denn nicht im Schlaraffenland sind Menschen wirklich glücklich, sondern da, wo uns Herausforderungen begegnen, die wir anschließend bewältigen, oder wenn wir Erfolgserlebnisse haben, die die Entwicklung unserer Fähigkeiten vorantreibt und unser Selbstwertgefühl stärkt.

„Das Gegenteil von Liebe ist nicht Hass, sondern Gleichgültigkeit.“
Elie Wiesel

Es gibt ein paradoxes Grundgesetz aus der Bibel (Mt 16,25), das auch für die Ehe gilt. In die heutige Sprache und auf unser Thema übertragen, würde es heißen: „Wer sich nur egoistisch um sich selbst dreht, wird trotz aller Anstrengung nicht glücklich werden. Wer sich hingegen für das Gute einsetzt, seinem Ehepartner Liebe schenkt und Freude bereitet, der wird am Ende als Gewinner daraus hervorgehen, auch wenn er sein ganzes Leben lang vielleicht nur der Gebende war.“ Wer alles das als Christ im Namen Jesu lebt und danach handelt, der kann davon ausgehen, dass Gott der ist, der in einer Ehe seine Verheißungen wahr macht und uns dabei hilft. Jesus Christus ist der, der unsere Ehen hält, wenn wir an ihn glauben. Er ist der, der uns Sicherheit und Zuversicht gibt und uns manchmal auch über uns selbst hinauswachsen lässt, wenn die Herausforderungen dementsprechend sind. Wer also sein Treueversprechen in der Kirche vor dem Traualtar gibt, der sollte immer daran denken, dass Gott mit im Bunde ist, der uns hilft, wo unsere Kraft nicht mehr reicht.

„Wer aber sein Leben verliert um meinetwillen, der wird‘s finden.“
Wort Jesu aus der BIBEL, Mt 16,25

Ein Leben mit Gott

Als Christen glauben wir, dass Gott uns auch in unserem Wachstums- und Veränderungsprozess hilft. Wie ein Baum seine Wurzeln mit der Zeit immer tiefer in die Erde senkt und damit an Stabilität und Kraft gewinnt, so kann auch eine Ehe, die unter Gottes Schutz und Segen eingegangen wurde, mit den Jahren beständiger und schöner werden. Vorausgesetzt, beide Partner arbeiten daran und lernen, die Aufgaben zu lösen, die ihnen durch ihre Beziehung auferlegt oder gestellt sind. Christen können immer davon ausgehen, dass Gott ihnen dabei hilft, wenn sie diese Hilfe von Gott erwarten, darauf hoffen und ihn darum bitten. In diesem Sinne ist es auch in unserer heutigen Zeit immer noch möglich, sich auf eine Ehe einzulassen und sich davon viel Schönes und Beglückendes zu erwarten. Denn eines ist sicher: Wer die Herausforderungen einer Ehe meistert und diesen Kampf um das Glück einer Ehe gewinnt, der hat tatsächlich viel gewonnen!


 

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